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#1

RE: Die Sache mit dem Stuhl

in Prosa 26.05.2010 20:40
von HaraldHerrmann | 5.339 Beiträge

Die Sache mit dem Stuhl

Herr Karl Anton Mayerberg, von seiner Ehefrau Lore liebevoll "Toni" genannt, befand sich seit einigen Tagen bei einem Spezialisten in Behandlung. Er fühlte sich seit Wochen nicht wohl, schlapp, kurzatmig, irgendwie Sch…ße, wie er sich drastisch auszudrücken pflegte.

Seinen Hausarzt mied er seit einiger Zeit, hatte der ihm doch kategorisch erklärt: "Toni, es ist ganz einfach so, du musst abnehmen, zirka zwanzig Kilo, besser noch mehr und du solltest mit dem Rauchen aufhören. Am Besten, du deponierst deine Zigaretten bei deiner Schwester, das sind drei Kilometer zu Fuss, da kannst du hingehen, eine rauchen und dann geht es wieder zurück, so schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn so, wie ich deine Schwester Hermine kenne wird sie mit Freuden diese Regelung einhalten - und von dir erwarte ich dein Ehrenwort, dass du dich daran hälst."

Nein, das hatte er nicht mitgemacht, er rauchte weiter, auch die traditionellen drei Bier in der Eckkneipe wurden jeden Abend vertilgt und gegen seine Leiden sollte nun der Spezialist helfen. Der hatte alle möglichen Untersuchungen durchgeführt, bis hin zum EKG und meinte vor rund drei Wochen, dass er eigentlich nur noch Tonis Stuhl benötigte, um zu einem Befund zu kommen.

"Herr Mayerberg, morgen um acht erwarte ich sie, und, wie gesagt, ich benötige nur noch ihren Stuhl, um einen genauen Befund erstellen zu können!"

Unglücklich saßen nun die Mayerbergs in der Küche und diskutierten. Frau Mayerberg kam zu der Erkenntnis, dass ihre Stühle, weder Tonis noch ihrer, sich dafür eigneten, mit in die Praxis genommen zu werden, zu zerschlissen waren doch die Sitzpolsterungen. Man entschied sich, bei Müllers einen Stuhl auszuborgen, und am nächsten Tag fuhr man zum Arzt, natürlich mit Müllers Stuhl.

Dr. Wohlgemut schlug entsetzt die Arme über dem Kopf zusammen, als man ihm den Stuhl präsentierte, ging auf Hernn Mayerberg zu und tippte ihm mit den Worten, "ich meinte ihren Stuhl, ihren Stuhl, nicht irgendeinen Stuhl, ihren Stuhl" bei jedem Wort mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die nicht zu übersehende Wampe.

Zerknirscht machte man sich auf den Heimweg, mit dem Schicksal hadernd, dass der Spezialist sofort erkannt hatte, dass dies der verkehrte Stuhl war und beschloss, am nächsten Morgen mit dem richtigen, Tonis Stuhl, hinzufahren.

Als der Arzt die Beiden wieder mit einem Stuhl erblickte, da war es mit seiner Fassung vorbei.

"Ich habe doch ganz klar gesagt, dass sie ihren Stuhl (dreimaliges Antippen des Wohlstandserkers) mitbringen sollten!"
"Herr Doktor, das ist jetzt aber ganz gewiss der Stuhl, auf dem mein Mann jeden Tag sitzt."
"Ach ja, sitzen, da kommen wir der Sachlage näher. Wenn sie, wie bei den meisten Menschen üblich, einmal pro Tag zu einem, sagen wir "Größeren Geschäft" auf der Toilette sitzen, das, was sie da produzieren, das wird in der Fachsprache der Stuhl genannt!"
"Ach du Sch…ße."
"Ja, und genau die bringen sie mir mit. Aber das hat etwas Zeit, ich gehe für zweieinhalb Wochen in Urlaub. Wir haben jetzt Mittwoch, den 05. Mai, am Dienstag, dem 25. Mai sehen wir uns morgens um acht wieder, und dann haben sie ihren Stuhl dabei!"
Wird gemacht, Herr Doktor, jetzt weiß ich ja, was ich mitbringen soll meine …"
"Schon gut, ich merke, sie haben es erkannt, also bis …"
"… Dienstag in vierzehn Tagen."

Dienstag, 25. Mai, 7°° Uhr, man rüstet sich in der Familie Mayerberg zum Arztbesuch. Lore meint:

"So, Toni, das Auto hast du ja schon aus der Garage gefahren, Heckklappe ist offen, nimmst den Koffer und ich die zwei Eimer!"



(Wem es bekannt vorkommt, es gab in dieser Art mal einen Witz)




Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste!
zuletzt bearbeitet 28.08.2015 21:54 | nach oben springen

#2

RE: Die Sache mit dem Stuhl

in Prosa 15.09.2010 16:26
von Emiti | 396 Beiträge

Hallo Halrald-H,

Zum Thema »Stuhl« habe ich mal eine Diskussion angestoßen, weil ich im Unterricht für Deutschlernende damit ständig sensibilisiert wurde und am liebsten ein anderes Wort gebracht hätte.

Auszugsweise einiges, was dazu vorgebracht wurde:

»Da sitzen zwei oder auch mehrere Menschen in einem Raum, um einen Tisch herum, auf einem Sitzmöbel, das anders als der Tisch recht verschiedene Formen und auch Namen haben kann.
Früher hatte man wohl meist einen Schemel - ein interessantes, einschmeichelndes Wort. Zu der Zeit passt auch das kirchliche Vokabular wie: Chorgestühl, -gestühl (frz. la stalle - im Kirchenschiff Sitz aus Holz geschnitzt und oft verziert/ im Theater isolierter und numerierter Sitzplatz), der Lehrstuhl, der Heilige Stuhl.
Nicht zu vergessen hierbei die Urin- und Stuhlprobe.

Für Österreicher, und das hat mir Häferl auf Anfrage nochmal bestätigt, ist damit eine recht unangenehme Vorstellung verbunden, während die Deutschen (die Deutschländer) das wohl vollkommen ausblenden angesichts der zuvor genannten erhebenden Vorstellung ...

Wer deshalb zumindest einen Anstoß in die eine oder andere Richtung geben möchte, könnte sich hier äußern oder aber auch eine Geschichte in Erwägung ziehen, die sich diesem Thema treffend widmet.

Mir ist vor ein paar Tagen ganz zufällig das Wort Hocker aufgefallen. das finde ich vom Klang her so prima wie Rucksack.
Aber auch hocken und in die Hocke gehen versinnbildlichen es vorzüglich. Und das Zusammenhocken hat so etwas Ungezwungenes, Kumpelhaftes. Bin jetzt richtig angetan davon.
Und das ist eben das Wunderbare, wenn man sich mit der Sprache so Wort für Wort beschäftigt - man entdeckt sie immer wieder neu, macht sich diesen oder jenen Begriff regelrecht zu eigen, während man ihn als Kind ja nur übernommen hat.«


Hier habe ich nun eine Geschichte gefunden, die sich diesem Thema treffend widmet.
Ist ganz schön stark, aber humorvoll und eben menschlich.


Gut geschrieben - alles stimmt.
Gern gelesen!

Gruß
Emiti

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#3

RE: Die Sache mit dem Stuhl

in Prosa 28.11.2010 12:04
von Paolo (gelöscht)
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Flüssig geschrieben, aber Toni und seine Gemahlin werden etwas zu primitiv dargestellt.
Habe mich dennoch amüsiert. Der Schlusssatz passt super.
Gruß
Pedro

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