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RE: Partnersuche

in Prosa 24.11.2010 16:32
von Angie Pfeiffer | 7 Beiträge

„Du spinnst ja“, Maggie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. „So nötig kannst du´s doch wohl nicht haben.“
Das, was sie eigentlich als Geplänkel am regelmäßig stattfindenden Weiberabend abgetan hatte, zeigte Wirkung. Ihre Freundin Alice durchforstete seit einiger Zeit regelmäßig die Kontaktanzeigen, in der Samstagszeitung und war fündig geworden.
Die Annonce klang wirklich nett und nicht so gestelzt wie es hier wohl an der Tagesordnung war. Da suchte ein ‚sympathischer, humorvoller Single‘ eine ‚liebenswerte, lustige Freundin‘. Alice hatte gleich einen kurzen Brief verfasst und ihn, versehen mit einem Foto und großen Hoffnungen abgeschickt.
Eine Woche später bekam sie wirklich eine Antwort und verabredete sich kurz entschlossen. Man soll ja nichts auf die lange Bank schieben.

Freudestrahlend erzählte sie Maggie von dem Date und war nicht wenig erstaunt, über die Reaktion.
„Das wird nix“, stellte die Freundin trocken fest.
„Wie kannst du bloß gleich so negativ drauf sein? Vielleicht ist das ein ganz Netter, jedenfalls klingt er so. Und im Übrigen will ich ihn mir doch nur mal anschauen.“
„Dann achte aber lieber darauf, dass du die Möglichkeit hast, gleich wieder weg zu kommen, wenn es nötig ist!“
So nach und nach rückte Maggie mit dem wahren Grund für ihre Bedenken heraus. Sie hatte vor längerer Zeit selbst die Idee eine Annonce aufzugeben. Die Resonanz war verblüffend und Maggie ging daran, einen Bewerber nach dem anderen abzuarbeiten. Allerdings stellte sie nach kurzer Zeit fest, dass es nicht ganz einfach war, den Traumprinzen zu finden. Ein Bewerber schien ihr schlimmer zu sein als der andere. Schließlich ging sie dazu über, sich auf einem Parkplatz zu verabreden. Sie blieb im Auto sitzen und schaute sich an, was da so aus dem Auto stieg um im Zweifelsfall gleich weg fahren zu können.
„Du ahnst es nicht, es waren wirklich Typen dabei, das ging gar nicht und ich bin gleich wieder weg gefahren. Einmal preschte ein Porsche auf den Parkplatz.‚Nicht schlecht‘, dachte ich, aber auch nur so lange, bis sich die Fahrertür öffnete. Es stieg ein Mensch aus, der eine frappierende Ähnlichkeit mit Marlon Brando hatte. Jetzt nichts gegen Marlon in jungen Jahren. Aber der Typ sah aus wie der Pate nach dem letzten Bandenkrieg, als ob er gerade von ‚der Matratze‘ gekommen wäre. Dazu war er von oben bis unten mit dicken Goldketten behängt! Als der sich auch noch anschickte, freudestrahlend auf mein Auto zuzugehen, da habe ich so was von Gas gegeben!“ Maggie schüttelte sich. „Danach habe ich die Sache aufgegeben.“
„Ach komm schon“, Alice ließ sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. „Think positiv! Wenn er nett ist und einen Bruder hat, dann wickle ich den in Seidenpapier und bringe ihn dir mit!“

Alice betrat sie das kleine Bistro und war ganz hibbelig. Als Treffpunkt hatte sie wohlweislich ein Lokal ausgesucht, das sie sonst nie besuchte. Schließlich musste nicht jeder sofort mitbekommen, dass sie sich auf ein Date per Annonce eingelassen hatte. Das klang so furchtbar hausbacken und spießig. Sie war früh dran und steuerte einen Tisch an, ohne sich groß umzu-sehen. Alice hoffte inständig, dass der zu erwartende Mann wenigstens einigermaßen normal aussah. Schließlich hatte sie ihn noch nie gesehen. Während sie ihm ein Foto von sich geschickt hatte, musste sie sich auf seine Selbstbeschreibung verlassen. Maggies Horror-geschichten gingen ihr durch den Kopf, während sie die Eingangstür im Auge zu behalten, die sich gerade öffnete. Ein Herr mittleren Alters betrat das Bistro und sah sich suchend um. Alice fiel ein Stein vom Herzen, das musste er sein und er sah auf den ersten Blick nicht unsympathisch aus! Zielsicher steuerte der Mann ihren Tisch an. „Hallo, ich glaube wir sind verabredet.“
Alice strahlte ihn an. „Ja, das stimmt. Sie sind also Herr Ölschlegel?“
„Für sie bitte Ludger“, er grinste sie breit an und schaute sich dann missbilligend um. „Ich möchte sie zum Essen einladen. Hier ist doch nicht das richtige Ambiente für ein angemessenes Kennenlernen.“ Er wedelte der Kellnerin mit einem Geldschein zu. „Selbstverständlich zahle ich.“ Etwas anders hatte Alice sich das Kennenlernen schon vorgestellt. Sie hatte daran gedacht, es zunächst einmal bei einem gemeinsamen Kaffee zu belassen und sich bei gegenseitiger Sympathie wieder zu treffen. Eigentlich war sie auch viel zu aufgeregt zum Essen, aber wenn Ludger sie unbedingt ausführen wollte, so mochte sie ihm das nicht abschlagen. Er schlug ein Nobelrestaurant ganz in der Nähe vor.
„Hier fühlen sie sich doch bestimmt viel wohler“, bemerkte er wenig später und griff über den Tisch nach Alices Händen. „Ich muss ihnen etwas beichten. Ich bin noch nicht wirklich Single.“
Alice entzog ihm ihre Hände. Das wurde ja immer besser. „Wie meinen sie das?“
„Na ja, ich erwäge die Trennung. Formal bin ich zwar verheiratet, aber meine Frau geht völlig über meine Bedürfnisse hinweg. Ein Mann sollte so nicht behandelt werden.“
Alice wusste nicht, was sie von der ganzen Sache halten sollte.„Heißt das, dass sie noch mit ihrer Frau zusammen leben und sich anderweitig orientieren möchten?“
Ludger verzog das Gesicht: „Aber, aber, meine Liebe, welch eine unromantischer Ausdruck: ‚Anderweitig orientieren‘! Ich suche eine nette und hübsche Frau, die offen für alles Neue ist und mich versteht. Ich bin nicht unvermögend, müssen sie wissen.“
Alice wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie kam sich vor, wie in einer Sitcom mit dem Titel ‚Schnulz und Moos‘. Wieder nahm Ludger ihre Hände und schaute ihr tief in die Augen: „Wenn sie mir die Gelegenheit dazu geben, dann werde ich sie von meinen Qualitäten zu überzeugen wissen. Sicher haben sie bemerkt, dass dieses Restaurant zu einem Hotel gehört…“
Jetzt wurde es Alice doch zu bunt. „Das kommt mir alles zu plötzlich. Ich war davon ausgegangen, dass sie ledig sind.“
„Sicherlich kann man hier auch kurzfristig ein Zimmer mieten“, Ludger ließ nicht locker. „Und bestimmt würde es ihnen gefallen, sich von mir verwöhnen zu lassen! Wie ich schon bemerkte, ich bin für alles offen!“
Alice schluckte. Er mochte für alles offen sein, sie ganz bestimmt nicht. „Ich denke nicht, dass ich hier übernachten möchte. Ich muss morgen früh raus, es wird Zeit für mich“, jetzt reichte es aber wirklich.
„Aber, aber, meine Liebe. Das habe ich doch nicht böse gemeint. Wir sollten den Abend nett beenden. Ich werde auch ganz brav sein, versprochen.“
„Ja, wir sollten den Abend wirklich beenden“, meine Alice trocken und stand auf.
„Warten sie bitte einen Augenblick! Ich zahle nur schnell und dann bringe ich sie wenigstens zu ihrem Auto“, Ludger wurde hektisch.
Zögernd setzte sich Alice auf die Stuhlkante. Vielleicht reagierte sich wirklich über. Eigentlich war Ludger ganz nett und schließlich hatte er sie großzügig eingeladen. Zu nahe getreten war er ihr nicht wirklich, er hatte ihr eigentlich nur einen Vorschlag gemacht, ohne sie zu bedrängen. Sie sollte ihn kühl und gelassen abweisen und die Form wahren. So verließen die Beiden gemeinsam das Lokal und steuerten den Parkplatz an, auf dem Alice ihr Auto abgestellt hatte. An Ort und Stelle angekommen, ging Ludger zur Großoffensive über. „Überlegen sie es sich, meine Liebe“, meinte er drängend, während er sich an sie presste. „Ich habe einiges zu bieten.“
Mit diesen Worten versuchte er, sie zu küssen. Alice tastete nach ihrem Autoschlüssel und bemühte sich gleichzeitig, seinen feuchten Händen und den noch feuchteren Lippen zu entgehen.
Das war gar nicht so einfach, denn dieser Mann schien plötzlich seine Hände überall zu haben. „Urks“, jetzt hatte er es tatsächlich geschafft, in Kussposition zu kommen und fuhrwerkte mit seiner Zunge in ihrem Mund herum. Alice biss kräftig zu. Ludger jaulte auf und ließ sie los. Die Gelegenheit nutzte sie, um schnellstens in ihr Auto zu kommen. Wenigstens klemmte der Schlüssel nicht und sie bekam das Türschloss sofort auf. Ohne weiter auf den leicht angeschlagenen Romeo zu achten startete sie den Motor und gab Gas.

Wieder zu Hause angekommen und nach einem beruhigenden Glas Rotwein musste Alice doch lachen. „Junge, Junge, wenn ich das den Mädels erzähle…“ der nächste Weiberabend würde ausgesprochen unterhaltsam werden!

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