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RE: Geiz

in Prosa/Kurzgeschichten 05.05.2012 00:04
von HaraldHerrmann | 5.339 Beiträge

Geiz

Ja, wenn ich das Wort Geiz höre, das erinnert mich an unseren geizigen Junggesellen im Ort.
Der hat nie ne Frau gefunden ...

Der saß in diversen Tanzlokalen immer an der Theke, hatte den ganzen Abend ein Bier vor sich stehen - wohlgemerkt, ein Bier den ganzen Abend - und flirtete heftigst die Frauen an.
Vom Aussehen eher bieder, ich glaube, der trug sogar im Hochsommer ein Strickjäckchen - von der Mutter selbst gestrickt natürlich - war der Erfolg einer Gesprächsanbahnung eher mäßig, zu mehr als einigen Sätzen hat es nie gereicht, er brachte es einfach nicht über sich, den Damen ein Getränk anzubieten ...

Dann hatte man ihm ein "Date" verschafft, dessen Hergang ich leider verpasste:

Er betrat mit einer Frau am Arm ein Kirmeszelt, setzte sich zu Bekannten an den Tisch und bestellte ein Bier und eine Cola. Er nippte in gewohnter Manier am Bier, sie hatte die Cola relativ schnell leer und machte durch Gesten klar, dass sie von ihm gerne noch eine bestellt hätte - vergeblich.
Als sie selbst eine Cola bestellt hatte und der Kellner diese brachte bestellte er sich eine Bratwurst, die er anschließend verzehrte, Bierglas war noch halb gefüllt.
Nun zündete er sich eine Zigarette an - ohne ihr auch nur andeutungsweise eine anzubieten - rauchte drei, vier Züge und stupste sie aus.

Nachdem er die Zigarette in dieser Art auf fünfmal geraucht hatte, war das Bierglas immer noch minimal gefüllt, ihr Colaglas leer und sie drängte zum Aufbruch. Als der Kellner kam, zahlte er ein Bier, eine Cola und das Würstchen, die zweite Cola durfte die Begleiterin selbst zahlen.

Sie wurde nie wieder mit ihm zusammen gesehen.

Geiz muss vererbbar sein!

In diesem Dorf waren alle Landbesitzer (Feld, Wald, Wiesen) zur Versammlung der Jagdgenossenschaft eingeladen. Man diskutierte die Verwendung der Jagdpacht und zum Abschluss saß man noch ein wenig zusammen.
Damit das auch einen Anreiz hatte, bekam jedes Ehepaar einen Gutschein, der für ein Essen und zwei, drei Getränke ausreichte. Es wurde vorher festgelegt, dass dieses Geld verzehrt werden müsse, Auszahlungen gab es keine.

Die Eltern des besagten Junggesellen waren vorab beim Wirt gewesen und hatten sich erkundigt, ob man statt Speisen und Getränken auch einige Tafeln Schokolade bekommen könne.
Als dies bejaht wurde, machten sie den Wirt darauf aufmerksam, dass sie und einige andere Besucher demnächst bei besagter Versammlung einige Tafeln Schokolade mitnehmen möchten und er sich doch genug bereitlegen möge.

Am Abend der Versammlung tranken die beiden tatsächlich nur je ein Getränk und als der offizielle Teil beendet war ließen sie sich sofort das "Restguthaben" in Schokolade auszahlen, wobei sie mit dem Wirt noch verhandeln wollten, ob er ihnen für die letzten nicht verbrauchten 50 Pfennig noch eine halbe Tafel geben könne.
Auf seinen Hinweis, dass sie mit einer Zuzahlung von 50 Pfennigen ja noch eine ganze Tafel mitnehmen könnten gingen sie nicht ein und verzichteten am Ende wehmütig auf die 50 Pfennige ...




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