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Forums-Blog - Harald Herrmann ► Website - Forum - Blog - Beschreibung
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23
September
2021

Owerhessisches

Als Oberhesse schreibe ich hier einige Kurzgeschichten - selbst erlebt, erzählt bekommen oder irgendwo aufgeschnappt - in bunter Reihenfolge.

Die Namen der Protagonisten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten zu lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig …


Es Bettche verguckt sich en de Aujust

"Es Bettche", als Tochter des "Eckeschusters" Friedrich Klein - der seinem Nachnamen alle Ehre machte - und seiner Frau Frieda dem "Friedche" - die zu ihrem Mann aufschauen musste, geboren und auf den Namen Elisabeth getauft, wuchs zu einer schönen jungen Frau heran, deren großes Problem darin bestand, bei ihrer Größe von knapp anderthalb Meter Bekleidung zu finden, die zu ihrem Alter passte. Bezüglich Schuhen war das Problem nicht so groß, ihr Vater, dem sie oft in der Schuhwerkstatt aushalf, (aufräumen, zureichen usw.) fertigte ihr passendes Schuhwerk an. Ihr Wunsch, Schneiderin zu werden, auch und gerade, um sich passende Bekleidung selbst nähen zu können, wurde von den Eltern akzeptiert und sie begann eine Schneiderlehre.
Als sie zwei Woche dort war und jemand an die Werkstatttür klopfte und jemand sagte …
»Bettche, mach emol off, das werd de "lange Aujust" sei, der brengt Stoff!«,
eilte sie zur Tür, riss sie auf, trat einen Schritt vor - und befand sich mit der Nasenspitze ungefähr in der Höhe des Bauchnabels eines wahrlich "langen Lulatsches", des besagten "langen Aujust". Sie musste den Kopf weit in den Nacken legen, um das fröhlich grinsende Gesicht des Gegenübers zu sehen, das sich aber bei ihrem Anblick völlig veränderte.
Für beide schien in diesem Moment die Welt stillzustehen, bis die amüsierte Stimme des Meisters erklang:
»Aujust, komm eren, mach die Diehr zou, s werd kaalt en de Buude.«
Nun ja, für die beiden Verliebten war ab diesem Moment klar, dass sie heiraten wollten und nach der Ausbildung vom "Bettche" wurde ohne großes Brimborium Hochzeit gefeiert.
Aujust der schon einiges Geld zusammengespart hatt zog mit ins Haus ein, führte mit seinem Dreirad-Laster Lieferfahrten jeglicher ein und baute nach und nach die Scheune und Stallungen zu einem Textil- und Schuhwarenladen aus.
Eine nächtliche Begebenheit aber drang mal irgendwann durch Aujust nach außen:
»Eemol, mitte en de Noacht, do säät des Bettche: "Aujust, du richst hau owwer furchtboar aus em Maul!"
Aich huu e bessche do erimsortiert en gemeent:
"Nee, Bettche, do onne, wuu du laist, do rich aich immer so!"«


***
Es "Missgeburt" vo em Hinkel

Es "Bettche" en sein "Aujust" waren im Garten am "gruschpeln", als beim Hanjere-Nachbarn zuerst ein Schrei zu hören war, danach wütendes Fluchen, Gerenne, lautes Gegackere und ein dauerndes, atemlos hervorgestoßenes ►
»Aich hach em de Kopp oab, dem "Missgeburt" vo em Hinkel, beißt maich doas Mestvieh doch blourich!«
Es Bettche kletterte schenell auf einen Holzstapel, Aujust stellte sich neben sie und sie konnten das Schauspiel bewundern …
"De Hanjer", so breit wie hoch, rannte, das Beil in der Hand hinter einem wild gackerndem Huhn her und schrie weiterhin:
»Aich hach em de Kopp ob, dem "Missgeburt" vo em Hinkel, beißt maich doas Mestvieh doch blourich!«
Es wurde nichts mit dem "Kopp obhache", nach drei Runden über den Hof war Hanjer völlig außer Puste, saß auf dem Hackklotz - also der ausgewählten "Hinrichtungsstelle" des aufsässigen Huhns - und schwor:
»Om Sonndoach gebts "Hendl vo dem Hanjerhob"!«
Nun ja, am Abend hing ein geschlachtetes Huhn am Fenstekreuz des Nachbars.
Bettche fragte die Nachbarin:
»No, Marieche, hott de Hanjer doas "Mestvieh" doch noch erwescht?«
»Ach woas, doas setzt wirrer em Noussbaam, aich huu mer e fettes Hinkel gesucht en geschloacht, däi "Missgeburt" vo em Hinkel, woas den Hanjer gebiesse hoatt, doas kann mer nur noch fier e Sopp nomme - en do muss es vorneweg drei Stonn zäie …«


***

Es lang "Feuerholz"

Es Bettche hatte ihrem Aujust schon Tagelang in den Ohren gelegen, dass das Feuerholz zur Neige ging und jetzt unbedingt Holz geschnitten und gehackt werden müsse. Aujust schien jedesmal was mit den Ohren zu haben, denn wenn sie das Thema anschnitt, kam turnusmäßig die Antwort:
»Woas hoaste gesaat? Doas hirn eich es erschte Moal.«
Als er nun eines Tages zum Abendessen in die Küche wollte, ließ sich die Küchentür nur einen Spalt öffnen, zu wenig, um "durchseschluppe", aber weit genug, um mit seiner Angetrauten sprechen zu können:
»Woas sei dann doas fier Bosse, woarim lesst sich däi Scheißdier nit offmache?«
»Du kannst jo auße rimgieh und iwwwer die Goardedier enennkomme, dann sehste, "woas doas fier Bosse sei"!«

Er stapfte knurrend raus, umrundete das Haus, kam zur Hintertür rein und sah die Bescherung ►
Bettche hatte ein schmales, ein Meter langes Holzscheit von dem noch nicht zu Feuerholz verarbeiteten Holzstapel mit einem Ende in den Küchenherd geschoben, mit dem anderen Ende lag es auf einem Schemel und diese Konstuktion machte es unmöglich, die Tür zu öffnen.
»Himmeldonnerwerrer, woas soll dann doas?«
»No ja, wann Du es nit fertichbrengst, es Holz kleesemache, dann muss aich doas halt so mache - irchendwäi widde jo aach woas Woarmes se esse en se trenke huu!«

***

Jagdgenossenschaftsversammlungsgutscheineinlösung

Ich kann mich erinnern, dass das jährliche Treffen der Jagdgenossenschaft ein Highlight im Dorf war. Kamen doch alle Grundstückseigner zusammen, um die Verwendung des vom Jadgpächter gezahlten Betrags aus der Verpachtung der Jagdrechte in der Gemeinde einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Was aber den meisten noch viel wichtiger war, das war die Möglichkeit, anlässlich dieses Treffens frei Essen und Trinken zu dürfen.
Da es wohl bei diesen Geselligkeiten Unmut über einige gegeben hatte, die recht ausschweifend gespeist und getrunken hatten, oder ob sich manche beschwert hatten, dass sie spätabends nicht die Mengen "verkonsumieren" konnten wie andere sei dahingestellt, irgendwann wurde das Budget "gedeckelt", indem man Gutscheine ausgab, die pro Person gut für eine Mahlzeit und mehrere Getränke ausreichten.
Was aber mit der Ausgabe der Gutscheine auch verbindlich festgeschrieben war, das war die Tatsache, dass diese am Abend der Veranstaltung zur Verrechnung kamen und keine Barerstattungen der nicht verbrauchten Guthaben erfolgen würde. Die Betreiber der Gastwirtschaft hatten sich ja mit dem Einkauf der Lebensmittel und der Dienstbereitschaft des Personals auf den Umsatz eingestellt.
Den Gerüchten zufolge hatten sich einige, die wohl schottische oder schwäbische Wurzeln hatten, dahingehend geäußert.dass man wohl nur ein zwei Bier trinken würde, das Guthaben aber gerne in bar mit nach Hause nehmen würde. Als sie hörten, dass das nicht möglich sei, kam der Spruch:
»Ei, dann nomme mer so viel Doofeln Schokeload met, bess des Geld all es!«
Der Wirt, dem dies zu Ohren kam, hatte sich seiner Meinung nach entsprechend eingedeckt, musste am Ende dann doch noch einige Tafeln Schkolade nachliefern.
Am nächsten Tag machte der Disput vom "Bettche en seim Aujust" mit dem Wirt die Runde im Dorf >
Der Wirt:
»So, doas sei etz met drei Getränke en den siwwezäihe Doofeln Schokeload Noizäihe Mark en Virzich!«
»Kannste iehs für däi sechzig Fennich nit noch e halb Doofel Schokeload gewwe?«
»Nee, doas mach aich nit! Gebt mer noch virzich Fennich, dann gebts noch e Doofel Schokeload«
»Nee, noch selbst Geld ausgewwe, nee, nee. Woas gebst dann noch für sechzich Fennich?«
»E Päckche Kaugummi kost en Foffzicher.«
»Dann geb ies doas Päckche - en woas gebts noch für den Grosche?«
»Naut!«

’S Bettche en sein Aujust zuche bedröbbelt ob, de fehlende Grosche däet doch schmerze …
(Die beiden zogen bedröppelt ab, der Verlust des einen Groschen ging ihnen sehr nahe …)

***

Geckelerwettlaaf met Schuss

Auf der Obstwiese vom "Bettche en sein Aujust" hatte es Zuwachs gegeben, zwecks Blutauffrischung war - wie in jedem Jahr - ein neuer Hahn geholt worden, der vorhandene Althahn ahnte, wohin die Reise gehen könnte ► in den Kochtopf …
Der junge Hahn erklomm sofort den Misthaufen und krähte herausfordernd in die Runde. Der Althahn krähte kaum hörbar zurück und machte dem Jungspund klar, dass er eine Bitte habe:
»Lass uns miteinander kooperieren. Überlasse mir meine drei Lieblingshennen, mit dem Rest bist Du voll und ganz ausgelastet.«
»Nichts da, für mich alle für dich keine!«
»Lass uns ein Wettrennen machen, von hier zum alten Nussbaum dort hinten und wieder zurück. Wenn ich gewinne, krieg ich meine drei Lieblingshennen. Da ich die älteren Knochen habe, gib mir 5 Meter Vorsprung.«
»Gemacht, stelle dich 5 Meter weiter auf, und wenn die Stalltür klappt, rennen wir los …«

Sie nahmen Aufstellung, und als der Aujust mit dem Schwung der Mistkarre die Stalltüre aufklappte, rannten sie los, umkurvten im weiten Bogen den Nussbaum und zurück ging es Richtung Misthaufen.
Im nächsten Moment fiel ein Schuss, der junge Hahn überschlug sich in vollem Lauf, landete auf dem Rücken und streckte alle Gliedmaßen von sich.
Aujust stellt den noch rauchenden Flobert ab, drehte sich zum heranstürzenden Bettche um und sagte:
»Komisch, doas es schuu de driette schwule Geckeler, den mer de Schorsch verkaaft hot. De nächtse honn aich wuannersch!«

27
September
2014

Gestern in der Apotheke

Kundin: „Ich hätte gerne was für Erkältungen …“

Apothekerin, geschäftig, als Feststellung:

„Also Sie sind nicht erkältet …“

Keiner konnte so recht nachvollziehen,
dass ich mit einem Lachflash hinter
einem Werbeaufsteller verschwand …

Als ich dann an der Reihe war …
(besagte Kundin stand noch immer da)
und eine Helferin fragte:
„Was kann ich für Sie tun?“
… da sagte ich mit Betonung auf das Wort »gegen«:

„Ich brauche etwas gegen Krämpfe …“

(Selbst erlebt am Freitag, 26.09.2014 gegen 16°° Uhr
bei dem Apotheker meines Vertrauens)


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